Auch bei 24 Grad warmer, trockener Luft sangen die Damen wie Lerchen

Den 20. Geburtstag kann man gar nicht genug feiern, sagten sich die Damen des GV Sän-
gerbund Vockenhausen und feierten in drei Etappen. Höhepunkt war das große Jubiläumskonzert
zum 20jährigen Bestehen des Frauenchors im Foyer der Sparkassenschule Hessen-Thüringen.

Der spendable, den Damen wohlgesonnene Herr des Hauses, Direktor Brockmann, hatte die
Blumendekoration und den Sekt gestiftet, aber vor lauter Konzertfieber wohl vergessen, die Hei-
zung zu drosseln. Die knallroten Ziffern der Digital-Anzeige an der Wand standen auf 24 Grad!
Solch warme, trockene Raumluft ist Gift für güldene Sängerstimmen. Die Damen hätten sich am
liebsten Wasserflaschen neben ihre Stühle gestellt. Das hätte jedoch den festlichen Rahmen
beeinträchtigt.
Also sangen sie mit trockener Kehle und trotzdem so schön, daß ihre anspruchsvolle
Dirigentin Enikö Szendrey-Kurpjuweit voll des Lobs und das Publikum entzückt war.
Vor allem der zweite Teil des zweistündigen Programms war lebhaft und erfrischend. Popu-
läre Operettenmelodien von Lehar (»Meine Lippen, die küssen so heiß«), das japanische Kirsch-
blüten-Lied und »I feel pretty« aus dem Musical West Side Story waren nach dem Geschmack
der Zuhörer, für die die Stühle kaum reichten.

Anne Böckelmann führte durch das Programm, und wenn die Damen, unter ihnen die
80jährige Margarethe Huhs, ein kleines Päuschen benötigten, um im Aufenthaltsraum ihre
Stimmen zu ölen, legte Opernsängerin Enikö den Taktstock beiseite und sprang als hochka-
rätige Solistin in die Bresche.

Der Musikkritiker des Höchster Kreisblatts in seiner Rezension: »Die Dirigentin ist Opernsängerin,
genauer: ein hochdramatischer Sopran, dessen fast baritonales Timbre im Brustregister
besonders schön klingt«. Bliebe noch anzufügen, daß Enikö im geschlitzten Rock ein enormes Kon-
ditionsprogramm absolvierte: nach jedem Auftritt, darunter acht Soli, trippelte sie elegant die 20
Treppenstufen hinauf in den Aufenthaltsraum, um dem Wüstenklima zu entfliehen.

pp für Eppsteiner Zeitung 28.11.1996

 

Die Intonation verrutscht nicht

Eine schöne Sache war das Geburtstagskonzert des Frauenchors im Gesangverein Sängerbund 1851. Das Foyer der Sparkassen-Akademie gibt zudem einer solchen Veranstaltung einen außergewöhnlichen Rahmen. Das Publikum sitzt vor einer großen Treppe, deren Stufen als dekorative „Stellflächen" für die Sängerinnen gut geeignet sind. Seit 20 Jahren gibt es den Frauenchor, der unter der Leitung von Enikö Szendrey singt. Die Dirigentin ist Opernsängerin, genauer: ein hochdramatischer Sopran, dessen fast baritonales Timbre im Brustregister besonders schön klingt. Frau Szendrey war auch als Solistin zu hören, sie sang von Wagner bis Lehar. Ein Vorzug des Frauenchores ist die genaue Aussprache. Fast jedes Wort ist verständlich. Auch wird rhythmisch genau gesungen und die Intonation verrutscht nicht. Ein häufiges Phänomen ist, daß ein Chor am Schluß eines Stückes oft etwas tiefer als am Anfang singt.

(jd) für Hoechster Kreisblatt 25.11.1996